Wie aus der Corona-Krise für unsere Zukunftsfähigkeit lernen?

Was wird sein, wenn das Virus eingedämmt worden ist und unsere Gesellschaft wieder in den „Normalbetrieb“ zurückkehren kann? Die Einschätzungen reichen von: „Es wird nichts mehr so sein wie vorher war“, wie es derzeit von schrillen Expertisen im Internet und in Tageszeitungen zu lesen ist, bis zur Rückkehr zum „Business as Usual“. Nicht ganz unbegründet bleibt anzunehmen, dass der Wunsch nach einer Rückkehr zur „Normalität“ und das Verharren in alten Mustern sich wieder überwiegend durchsetzen werden.

Die Corona-Krise ist ein Anlassfall dazu – jenseits von Panik, Hysterie und Verschwörungstheorien – wissensbasiert darüber nachzudenken, wie Gesellschaften und ihre Teilsysteme in Krisenfällen und unter Druck funktionieren bzw. ticken.

Dazu gibt es zwei Aspekte zu bedenken:

  1. Im engeren Sinne geht es zwar darum, wie eine Gesellschaft mit unwägbaren gesundheitlichen Risiken/Bedrohungen/Gefährdungen umgeht bzw. umgehen kann. In einem weiteren Sinne geht es jedoch auch um die Nebenwirkungen einer Krise: Wie bewältigt eine Gesellschaft auf allen Ebenen (Bund, Länder, Gemeinden) und in allen Bereichen (Wirtschaft, Zivilgesellschaft, öffentliche Institutionen, NP0s) eine derartige Herausforderung? Welche „Learnings“ nimmt man aus der Corona-Krise und ihrer (erhofften) Bewältigung mit (z.B. mehr Zusammenhalt, Solidarität und Nachbarschaftshilfe, Krisenmanagement, Kommunikation, Flexibilität öffentlicher, sozialer und wirtschaftlicher Strukturen)?
  2. Die Corona-Krise zeigt die Anfälligkeit und Verwundbarkeit unserer komplexen Systeme aufgrund wechselseitiger Verflechtungen und Abhängigkeiten im globalen Maßstab auf. Eine Verletzbarkeit, die von Forschung und Wissenschaft schon lange thematisiert wird. Die Frage lautet: Wie können unsere sozialen, wirtschaftlichen und öffentlichen Strukturen stabiler, resilienter, flexibler und letztlich „nachhaltiger“ gestaltet werden? Was gibt es dabei an positiven Erfahrungen für die Zukunft mitzunehmen (z.B. mehr Flexibilität durch Ausweichen in Online-Kommunikation, weniger & langsamer = mehr und genauso schnell, mehr lokale/europäische nachhaltigere Produktion)? Was muss sich ändern?

Nicht zuletzt wird der Vergleich regionaler/nationaler Auswirkungen der Corona-Krise und ihrer jeweiligen Bewältigungsstrategien zeigen, wie unterschiedlich Gesellschaften mit diesen Phänomenen umgehen. Schon das Fallbeispiel des Hurrican Katrina in New Orleans hat gezeigt (1), wie sehr Katastrophen nur zum Teil „Naturkatastrophen“ sind, denen rasch soziale Katastrophen folgen: z.B. aufgrund mangelnder Vorsorge oder aufgrund des Fehlens starker öffentlicher Gesundheits- und Sozialsysteme.

Wir werden am Ende der pandemischen Krise erleben, wie die Gesellschaft aus dieser Krise lernt oder auch nicht. Einmal mehr werden wir sehen, dass Bottom-Up-Strategien unverzichtbare Elemente verantwortlichen Handelns sein können, da alle noch so heftigen Top-Down-Maßnahmen allein niemals alle Lösungswege abdecken können.

Wir beobachten bereits jetzt Modelle der Solidarität und der zivilgesellschaftlichen Mitwirkung, von verschiedensten online-Initiativen bis zu ganz praktischen Versorgungs- und Unterstützungsaktivitäten.

Was immer schon gegolten hat, gilt nach einer Krise umso mehr: die Zukunft muss verantwortlich und bewusst gestaltet werden – von allen, der Politik ebenso, wie von einzelnen Initiativen. Das kreative Potential wird hier tatsächlich lebensrettend.

1 siehe z.B. dazu die Publikation des – regelmäßig in Salzburg auftretenden – deutschen Umweltpsychologen und Zukunftsforschers Harald Welzer: Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird, Frankfurt 2010

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Bild: Das Team Zukunftslabor Salzburg von links: Armin Mühlböck, Erika Pircher, Günther Marchner, Waltraud Winkler-Rieder, Alex Riffler, Bernhard Jenny

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