Erfolgsgeschichte: Community Nursing in Thalgau

Die Herausforderung für das kommunale Zusammenleben ist die zunehmende Langlebigkeit der Bevölkerung. In Österreich kommt hinzu, dass die Menschen zwar älter werden, die zusätzlich gewonnenen Lebensjahren aber durch (gesundheitliche) Beschwerden beeinträchtigt sind, dem Einzelnen, dessen Umfeld und der Gemeinschaft vermeidbare Belastungen auferlegt werden.

Seit einigen Jahren beschäftigt sich conSalis mit dem Lösungsansatz Caring Community. Mit der „Umsorgenden Gemeinschaft“ wurde ein Modell konzipiert, das, gefördert durch den Fonds Gesundes Österreich, in Zusammenarbeit mit der Stadt Salzburg in den Stadtteilen Salzburg Süd und Gnigl erprobt wird.

Damit eine Umsorgende Gemeinschaft ihre Wirkung entfalten kann, bedarf es einer in ihr verankerten, professionellen Stütze, bestmöglich durch kompetente Begleitung in Pflegewissenschaft und Sozialarbeit. Die derzeit in Österreich EU-gefördert laufenden Community Nursing Projekte erproben Zugänge, conSalis ist im Auftrag der Gesundheit Österreich GmbH bzgl. der Verbindung von kommunaler Gesundheitsförderung und Community Nursing unterstützend für Westösterreich tätig.

Aus den 120 laufenden Community Nursing Projekten sticht eines Österreich weit heraus – Community Nursing Thalgau. Auf Einladung der beiden höchst engagierten diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen Christina Kubesch und Magdalena Fischill-Neudeck besuchte Thomas Diller Thalgau, als Impuls für andere Gemeinde-Verantwortlichen führte Günther Marchner mit Bürgermeister Johann Grubinger ein Interview, das Bernhard Jenny zu einem Good Practice Video schnitt.

Der ausgiebige Austausch mit den Community Nurses fand im Gemeindeamt Thalgau statt, wodurch schon die erste Besonderheit von Thalgau sichtbar wird. Die Expertinnen sind direkt in der Gemeinde verankert, nicht als Leistung einer Pflegeträgerorganisation oder eines Sozialhilfeverbandes eingekauft. Sie wirken in enger Abstimmung mit der Gemeinde, wobei sie bei der inhaltlichen Ausgestaltung ihrer Arbeit größtmögliche Freiheit erleben, basierend auf ihre hohen Pflegefachkompetenz. Dabei erledigen sie nicht nur herangetragene Problemstellungen, sie schmieden auch permanent an der Entfaltung des Community Nursing in der Gemeinde. Bestes Beispiel: um die Ressourcen für die gesundheitsförderliche Entwicklung zu erweitern und die Bevölkerung einzubeziehen, haben sie die Teilnahme der Gemeinde Thalgau am Gesundheitsförderungsprojekt „Gesunde Gemeinde“ initiiert.

Als besonders schwierig erlebt conSalis bei seinem Projekt „Umsorgende Gemeinschaft“ das Erreichen der alten Menschen. Dieses Problem stellt sich für die Nurses in Thalgau weniger, obwohl sie keine große Werbeaktion gefahren haben. Es ist der konkrete Nutzen, den sie den (alten) Menschen stiften, der sich in der Gemeinde herumspricht, sie zu (gesundheitlichen) Vertrauenspersonen in der Gemeinde machen. 

Dass die Community Nurses hochqualifizierte Pflegekräfte sind, erweist sich hier als großer Vorteil. Wenn beispielsweise die Anfrage bzgl. der Beschaffung eines Pflegebettes kommt, vermitteln sie nicht einfach nur das Bett. Sie besuchen zuhause, machen sich in kurzer Zeit basierend auf ihrer Erfahrung ein Bild über die Person und die sie umgebenden Verhältnisse und geben gegebenenfalls Tipps, die das Leben für den alten Menschen erleichtern, eventuell die Anschaffung eines Pflegebettes (noch) nicht erforderlich machen. Die Menschen erleben unmittelbar, dass ihnen bei der Bewältigung der mit dem Altwerden einhergehenden Erschwernissen geholfen wird.

Bei den Tipps, der fachkompetenten Beratung wird ein weiteres Wesensmerkmal des Community Nursing (Thalgau) sichtbar. Im Gegensatz zu einschlägigen Pensionist:innen-Beratungsstellen ist der Hausbesuch keine einmalige Leistung, sondern der Beginn einer gesundheitlichen Begleitung (derzeit begleiten die zwei Nurses rd. 200 Personen). Beispiel: eine alte Dame kommt nicht mehr zum regelmäßigen Chorsingen. Im Gespräch ergibt sich, dass es nicht am Wollen mangelt, sondern an der Fähigkeit die Stiegen hinauf zum Chor zu steigen. Die Nurse entwickelt mit der Dame ein Programm, um ihr wieder Sicherheit beim Stiegensteigen zu ermöglichen, übt immer mal wieder mit ihr.

Den Erfolg ihrer Arbeit sehen die Community Nurses in ihrer, gegenüber den Menschen dienenden Haltung. Sie stärken die (alten) Menschen sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden. Bei der unzureichenden Gesundheitskompetenz der österreichischen Bevölkerung eine nicht genug zu schätzende Leistung.

Die (gesundheitliche) Begleitung erfordert nicht nur Fachkompetenz, es braucht auch viel Zeit. Die zwei Nurses in Thalgau arbeiten im Rahmen des Projektes im Ausmaß von 1,8 Vollzeitäquivalenten für die rd. 6.000 Thalgauer:innen. Derart viel Zeit für Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention ist in Österreich systemfremd, hierzulande wird das Geld für das Beseitigen und nicht für das Vermeiden von (gesundheitlichen) Problemen verbraucht.

Die Community Nursing Projekte enden 2024, wie wird es danach weitergehen? Nicht nur Thalgau beweist, dass die Menschen großen Nutzen aus diesem Angebot ziehen und dies auch bewusst wahrnehmen. Ob der Druck aus der Bevölkerung so groß sein wird (kann), dass im herrschenden Machtgefüge für das Community Nursing als die Menschen empowerndes Angebot nachhaltig Platz geschaffen wird?

Entscheidungsträger sollten sich die Erfahrungen der Community Nurses genau anhören. Der neue Soziallandesrat war schon auf Besuch.

Und was sagt der Bürgermeister?

Folgend das Good Practice Video aus den conSalis-Praxis-Dialogen zum Community Nursing.

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