Fair & Creative – Eine Begegnungszone zwischen Studierenden und zukunftsorientierten Salzburger Unternehmen

Günther Marchner

Der Nachmittag in der zweiten Oktoberhälfte ist sonnig und warm, als wir mit einer Gruppe von Studierenden beim Gelände der „Erdlinge“ in Salzburg eintreffen. Das Wetterglück erlaubt uns auch zu dieser Jahreszeit eine Outdoor-Besichtigung. Die „Erdlinge“, das ist eine Vereinigung von ca. 30 Personen aus dem Raum Salzburg, die auf einer gemeinsam von einem Bauern gepachteten Fläche Gemüseanbau betreiben und damit ihre Haushalte versorgen. Die Initiative dient Menschen, die keinen eigenen Garten zur Verfügung haben, als eine besondere Option. Und sie ist auch für jene, die beim Gärtnern vom Know-how und den Erfahrungen anderer profitieren möchten, eine gute Möglichkeit anzudocken.

Auf dem Gemüsefeld mit mehreren 1000 Quadratmetern, ist auch im Oktober noch eine Vielfalt an Gemüse zu sehen bzw. zu erahnen: Zucchini und Tomaten sowieso, Salate und weitere Klassiker. Das Feld ist nicht parzelliert, alles wird in Gemeinschaftsarbeit gemacht und die Ernte wird aufgeteilt. Dafür verpflichten sich Mitglieder, Zeit für die Mitarbeit und Betreuung der Anlage zur Verfügung zu stellen. Und sie verpflichten sich zur Zahlung eines fixen Jahresbeitrages zur Finanzierung der Pacht- und Sachkosten. Bei den Erdlingen handelt sich um ein Kooperationsmodell von Menschen mit sowohl wenig als auch mit viel Gartenerfahrung, mit Mitgliedern, die viel Zeit auf dem Feld verbringen und manchen, die nicht so viel Zeit aufbringen können oder wollen. Unsere Gruppe lauscht gespannt den Erläuterungen eines Vorstandsmitglieds zu den „Erdlingen“: Was wird hier alles angebaut? Wie ist es zu diesem Modell gekommen, für das es kein Vorbild gibt? Wie wird die Zusammenarbeit geregelt? Wie werden Entscheidungen getroffen? Diese Fragen und die Faszination des Geländes im scharfen Licht der Herbstsonne treiben die Studierenden an. Sie erfahren etwas über Entscheidungsprozesse, namentlich in Form der Soziokratie. Sie erfahren etwas über Dinge, die gelungen sind und anderes, das nicht funktioniert.

Dieses zweistündige Kennenlernen einer konkreten Initiative ist Teil eines jährlich  stattfindenden Besuchsprogramms von Studierenden der Universität Salzburg bei Unternehmen oder eben auch Kultureinrichtungen und gemeinnützigen Initiativen. Das Programm ist unter dem Titel „Fair & Creative“ Teil einer Lehrveranstaltung des Career und Startup Centers der Universität Salzburg in Kooperation mit conSalis.

So wie viele Studierende an der Universität vergleichsweise wenig über Salzburger Unternehmen und die breite Landschaft an besonderen Initiativen zu wissen scheinen, so scheint es auch umgekehrt zu sein: Unternehmen wissen in der Regel nicht viel darüber, über welche Kompetenzen und Fähigkeiten Studierende verfügen und welche Relevanz dies für ihre Personalpolitik hätte. Genau um diese Lücke auszufüllen haben Martin Mader vom Career Center der Universität Salzburg und Günther Marchner und Bernhard Jenny von conSalis mit ihrer Initiative „Fair & Creative“ eine „Begegnungszone“ zwischen Studierenden und Unternehmen geschaffen – für ein zwangloses Zusammentreffen, Kennenlernen und Austauschen.

Fair & Creative bei Stiegl © Bernhard Jenny

Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass dieses Matching-Programm unter besonderen, zukunftsorientierten Vorzeichen erfolgt. Es wird mit Unternehmen kooperiert, die sich durch besondere Haltungen und Strategien auszeichnen. Daraus leiten sich für Studierende spannende Fragestellungen ab wie zum Beispiel: Wie kann ein Traditionsunternehmen wie die Stiegl-Brauerei ihre Produktion und Distribution nachhaltiger gestalten? Was bedeutet „New Work“ in Digitalunternehmen wie Pixelart oder Hotelkit? Wie geht Gemeinwohl-Bilanzierung in einer Bildungseinrichtung oder einem Hotelbetrieb? Wie tickt eine Kulturorganisation? Und eben auch: Wie funktioniert ein Kooperationsmodell für Gemüseanbau auf freiwilliger Basis?

Die Besuche sind einerseits eingebettet in Lehrveranstaltungen an der Universität, welche diese Fragestellungen in den Mittelpunkt von Recherche, Erkundung und Reflexion von Studierenden stellen. Gleichzeitig sind die Hausbesuche ganz allgemein Interessierten öffentlich zugänglich.

Inzwischen ist es für Fair & Creative einfach geworden, Unternehmen für das regelmäßig stattfindende Besuchsprogramm zu gewinnen. Denn das Interesse an einem unkomplizierten wie niederschwelligen „Matching“ ist gewachsen und wird von einer wachsenden Anzahl von Betrieben sehr geschätzt.

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